Hochverehrtes Publikum, liebe Freunde,
seit 4 Wochen bin ich jetzt schon in China und es geht mir seeehr gut!
Der Flug nach Shenyang war allerdings ein Kapitel für sich!!! Meine Kinder und zwei Freundinnen haben mich am Flughafen München mit einem Glas Prosecco verabschiedet und bis zur Sicherheitsschleuse begleitet! Im Dutyfree ich hab mich noch mit einer Chanel Creme großflächig, 3-lagig eingecremt – schon hast du 100 € im Gesicht!! Dann ab zum Gate! Pünktlich um 16.30 Uhr sitze ich in der Maschine nach Frankfurt.
17.00: Wäre Abflugzeit, aber nichts rührt sich!
17.10: „Meine Damen und Herren. Wir fliegen mit leichter Verspätung!“ noch bin ich entspannt!
17.20: „Wir bitten um ihr Verständnis, die Maschine muss enteist werden!“ Seit 3 Tagen schneit es in München, natürlich muss man enteisen, aber doch vor 17.00 Uhr!!!!
17.30: Es werden gekühlte Getränke gereicht, und ich werde nervös!
17.45: „Wir stehen bereits in der Warteschleife und haben nur noch 5 (in Worten – fünf) Maschinen vor uns!“
18.05: Wir heben endlich ab! Auf meine Frage, ob ich denn die Maschine nach Peking um 19.15 noch erreichen würde, meint der Steward: „Könnte knapp werden, aber es ist zu schaffen.“ „Und mein Gepäck, schafft’s das auch?“ „Eher nicht, aber es kommt während der nächsten Tage bestimmt in Shenyang an!“ Na toll!! In meinem Koffer befinden sich ca. 2kg Plätzchen, ein 3kg Stollen von der Schwiegermutter und Unmengen Pralinen. Der Zoll wird a Gaudi haben!!
18.45: Nach der Landung rase ich aus dem Flugzeug in Richtung B26. Unterwegs frage ich eine sehr nette chinesische Lufthansa Mitarbeiterin, wie weit es denn noch zu Gate B26 wäre? „Müssen 20 Minuten in diese Lichtung laufen, aber Maschine nach Peking nigt mehl elwischen!!! Bitte gehen hintel mich zu Schaltel!“
Die freundliche Dame am Schalter macht sich gleich kundig, ist entzückt von meinem Dialekt (sie ist Aschaffenburgerin) und freut sich über eine „Landsmännin“!
Allmählich entspann ich mich, kann ja eh nix mehr machen.
„Wollen sie über Hongkong fliegen?“ – „Nein!“
„Über Shanghai?“ „Nein! Am liebsten direkt nach Shenyang“
Nach gefühlten 2 Stunden: „Ich glaub ich hab einen Direktflug für Sie!“ „Wann?“
„Morgen um 22.00 Uhr!“ „In 27 Stunden!?!? Wo übernachte ich?“
„Im Sheraton, gleich gegenüber! Natürlich auf LH – Kosten!“
Alles klar!
Jetzt fällt mir der Satz einer Freundin wieder ein! „Wenn du mal den Anschlussflug verpasst, brauchst du nur 1 Wort – in allen Sprachen gleich: ‚GRAND-HOTEL!!’“
Ich hätte nicht gedacht, dass dieser Satz so schnell für mich von Bedeutung sein könnte!!
Flug und Gepäck werden umgebucht. Ich bekomme noch einen 30€ Essensgutschein, gehe ins Sheraton und bekomme bis nächsten Tag 13.00 Uhr ein Zimmer. Im Restaurant bestelle ich mir als Henkersmahlzeit einen Hamburger (mit Majo, Gorgonzola, Krautsalat und Pommes), weil ich den wahrscheinlich so schnell nicht mehr bekomme.
Den Gutschein versauf‘ ich an der Hotelbar.
Mir fällt jetzt erst auf – ich hab ja nicht mal eine Zahnbürste, nur mein Handtascherl und die Laptop-Tasche!! Wurscht!
Nächsten Tag um 14.00 bin ich wieder am Flughafen. Erst mal rein in den Dutyfree und eine Gesichtspflege von Dior aufgetragen, schließlich gönne ich mir noch eine Handcreme von Sisley.
Ja – und dann verbringe ich 8 Stunden in der Business-Lounge. Am lauten Schmatzen höre ich, dass ein Chinese hinter mir sitzt. Das nenn‘ ich Einstimmung!!
Um 21.30 Uhr sitz‘ ich endlich im Flugzeug! Die Maschine ist nicht mal zu einem Drittel besetzt, eine ganze Reihe ist für mich. Die nette Stewardess schüttet mich mit bestem Wein zu und ich bin mit der Welt wieder versöhnt!
Pünktlich um 15.30 Uhr Ortszeit schlagen wir in Shenyang auf!
Ich bin in 20 Sekunden problemlos durch den Zoll. Die Zollbeamten, die sich das Röntgenbild meines Koffers ansehen sollten, schlafen.
Endlich bei Peter! Dieser hat am Vortag seinen chinesischen Führerschein gemacht und bestanden, bekommt ihn aber erst in ein paar Tagen ausgehändigt. Also fährt uns sein Chauffeur heim.
Die Wohnung wirkt noch seltsam unbewohnt! Aber die wichtigsten Dinge wie: Nescaffe, Nudeln, Tomatensoße, Nutella und Müsli sind da. Ich komme mir vor wie ein Eindringling in einen wohl geordneten Männer-Single-Haushalt. Da gibt’s noch viel für mich zu tun.
Die ersten Tage verbringe ich hauptsächlich bei Ikea, in der Metro und bei Carrefour (einem französischen Discounter, der hier stark vertreten ist). Aus allen Lautsprechern dröhnen amerikanische Weihnachtslieder und „Stille Nacht“ in allen Sprachen, obwohl`s das Weihnachtsfest, wie wir es kennen, gar nicht gibt!
Gefahren werde ich immer von Herrn Nin, unserem Chauffeur, der es sich auch nicht nehmen lässt mir den Einkaufswagen zu schieben.
Langsam wird’s wohnlicher. Der Eindringling macht sich breit.
Einer von Peters Kollegen hat für uns einen Christbaum organisiert, eine chinesische Fichte mit Wurzelballen. Die wurde leider schon Ende Oktober ausgegraben und nadelt schon beim Anschaun. Geschmückt ist sie jedoch der schönste Christbaum, den man sich vorstellen kann!
Jetzt können unsere Kinderlein kommen!
Am 22.12. sind sie da. Ich bin am Nachmittag zu einer katholischen Hausmesse mit einem deutschen Pfarrer, einem Kölner, der für die Gemeinden in China zuständig ist, eingeladen. Anschließend findet eine Weihnachtsfeier statt und ich lerne die ersten „Expats“ (heißt: Expatriot, also quasi: Entwurzelter) kennen. Jeder bringt was mit. Auf die Frage eines kleinen Mädchens, von wem denn diese leckeren Plätzchen seien, sagt die Hausfrau: Die sind von der netten Oma“ – und sie meinte MICH!! Da ist wird doch mein Programmtitel: „O MArianne hilf! Eine alleinerziehende Großmutter packt aus“ gleich ins rechte Licht gerückt!
Einer der Anwesenden kennt mich sogar noch von der Couplet-AG und will „was“ organisieren. Das wird bestimmt lustig!
An Heilig Abend gibt’s Pekingente (auf bayrische Art natürlich), Blaukraut und Knödel. Es ist das ruhigste Weihnachten, an das ich mich erinnern kann.
Für den 25.12. hat Peter Konzertkarten mit „Österreichischen Philharmonikern“ besorgt. Sowas hast du noch nicht erlebt. Schon allein die „Konzerthalle“ – wie ein Bahnhofssaal! Zu gehn tut’s wie im Wirtshaus. Im Vorraum (Foyer wäre übertrieben) werden Popcorn, Cola und Fanta verkauft. Ein Rumgerenne und Türenschlagen, während des Konzerts. Die Kinder spielen fangen und die Mütter laufen ihnen nach.
Aber heimische Klänge, wie den Donauwalzer, oder den Radetzkimarsch zu hören, war schon sehr schön.
Die nächsten Tage verbringen wir mit Ausflügen: z. B. an die nordkoreanische Grenze (von uns nur 180 km entfernt).
Hier ist auch ein Stück der chinesischen Mauer und wir sind die einzigen Besucher, die drauf rumspazieren. Der Wettergott ist gnädig – es hat nur -6°C.
Ach ja – das Wetter. Seit ich hier bin hatte es Temperaturen von -6° – -27°C. Das ist schon sehr zapfig. Aber es ist eine trockene Kälte und es ist fast immer sonnig!
Ab -20° geh‘ ich nicht mehr raus (wenn’s nicht sein muss), da schmerzt sonst das ganze Gesicht!
Eine Schipiste gibt’s auch in der Nähe. Silvester waren Peter, unser Sohn Bernhard und ein Kollege dort beim Schifahren.
Die Abfahrt dauert zwar nur ca. 2 Minuten, aber immerhin. Nachdem kaum ein Chinese eine eigene Schiausrüstung besitzt, kann man sich für wenig Geld alles ausleihen.
Abends essen wir in einem „Hot Pot“ (das ist chinesisches Fondue) Restaurant und fahren gut gesättigt heim. Vom 30. Stockwerk aus sehen wir in der Ferne 3 einsame Raketen hochsteigen. Wir knallen einen Schampuskorken in den Park runter, das war’s dann! Nein, noch nicht ganz — Peter hat „Dinner for one“ runtergeladen, ohne das, geht’s dann doch nicht!
In China wird am 10.02.13 das neue Jahr eingeläutet. Dann geht hier wirklich die Post ab!! In allen Kaufhäusern gibt’s jetzt schon massenweise Neujahrs-Artikel!
…….und wo bin ich, wenn hier endlich mal was los ist? Bei Euch in Deutschland!! Im Zeitraum vom 25.1. – 24.2. und vom 11.4. – 25.4. habe ich noch einige Vorstellungen, auf die ich mich sehr freue! Ich werde pünktlich, wie immer, an den Spielorten sein – die Anfahrt ist halt jetzt a bissl länger!
Johanna, unsere Jüngste hatte am 5.1. Geburtstag. Wir feierten rein und es gab traditionell, wie die vergangenen 15 Jahre „Peking-Ente“. Diesmal erstmalig im Erfinderland. War ähnlich wie bei uns.
Dass ich jetzt 3 Jahre hier leben werde, hab ich noch nicht wirklich realisiert. Richtig angekommen bin ich noch nicht. Irgendwie fühlt es sich noch an, wie Urlaub in einer besonders schönen Ferienwohnung.
Das war’s erst mal für’s Erste
Jetzt wünsch‘ ich Ihnen / Euch allen, wenn auch leicht verspätet
ein wunderbares, erfolgreiches, gesundes und spannendes
neues Jahr.
Wir sehn uns bald wieder
它很好, und frohe Grüße aus China
von Ihrer / Eurer
Annamirl